
Entwurf liegt vor: Was steht drin im Lauben-Schutzgesetz?
Seit Jahren schon wird in Berlin ein Gesetz angekündigt, das Kleingartenanlagen besser schützen soll. Nun gibt es einen ersten Entwurf. Der ist zwar noch nicht öffentlich, liegt dem VDGN aber vor. Wir verraten, was drinsteht: Unter dem Schutz des „Kleingartenflächensicherungsgesetzes“, so die sperrige Bezeichnung, sollen alle etwa 57.000 Parzellen auf öffentlichem Grund und Boden stehen. Die 14.000 Kleingärten auf privaten Flächen sind ausgenommen. Laut Gesetzentwurf der Senatsumweltverwaltung verzichtet das Land Berlin darauf, eigene Grundstücke zu verkaufen, auf denen sich Kleingärten befinden. Unter bestimmten Voraussetzungen bleibt die Bebauung aber möglich: „Kleingartenanlagen auf landeseigenen Flächen dürfen nur aufgegeben werden, soweit das öffentliche Interesse an einer anderen Nutzung überwiegt“. „Wohnbedürfnisse und die diese begleitende soziale Infrastruktur sowie die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung“ werden im zweiten Absatz von Paragraf 2 als mögliche Rechtfertigungen für eine Aufgabe von Parzellen genannt. Neu ist, dass das Berliner Abgeordnetenhaus künftig zustimmen muss, wenn eine Kleingartenanlage einem Bauprojekt weichen soll. Doch es gibt eine bedeutende Ausnahme: Wird eine geeignete Ersatzfläche gefunden, kann die Anlage umgesiedelt werden, ohne dass es dafür grünes Licht aus dem Berliner Parlament braucht. Dem Entwurf ist außerdem zu entnehmen, dass der Senat künftig stärker auf die Einhaltung der kleingärtnerischen Nutzung nach dem Bundeskleingartengesetz achten will.
Kommentar zum Schutz von Kleingartenanlagen in Berlin
Magere Ernte
Der Einsatz für Kleingärtner ist so alt wie der VDGN selbst. Unsere Mitglieder in alltäglichen Fragen zu beraten, ihnen bei Streitigkeiten untereinander zu helfen und für sie da zu sein, wenn es Problemen mit den Kleingartenverbänden bei Pachtverträgen, Abrissauflagen, Wertermittlungen & Co. gibt – das alles ist unserem Verband und mir persönlich ein wichtiges Anliegen. Wir setzen uns seit Langem dafür ein, das Bundeskleingartengesetz lebensnäher zu gestalten, Pächtern mit bestehendem Wohnrecht dieses auch dauerhaft zu gewähren und die grünen Oasen auf lange Sicht zu bewahren. Die Forderung nach einem Sicherungsgesetz für die 71.000 Parzellen in Berlin hat der VDGN immer unterstützt. Nach Jahren der Ankündigungen liegt nun der Referentenentwurf auf dem Tisch – und etliche Kleingärtner sind ernüchtert. Wer auf den großen Wurf gehofft hatte, wird enttäuscht. Um im Laubenpieper-Sprech zu bleiben: Die Ernte fällt eher mager aus.
Vorweg sei gesagt: 14.000, also rund 20 Prozent aller Parzellen, werden durch das Gesetz erst gar nicht geschützt. Dabei sind es doch gerade die privaten Eigentümer dieser Flächen, die besonders häufig daran denken, Profit aus dem Verkauf zu schlagen.
Für die öffentlichen Kleingartenanlagen soll es hingegen eine wesentliche Neuerung geben: Künftig bedarf es der Zustimmung des Abgeordnetenhauses, bevor Parzellen einem Bauprojekt von übergeordnetem öffentlichem Interesse weichen müssen. Doch auch hier leider mit einer wesentlichen Ausnahme: Ist eine geeignete Ersatzfläche vorhanden, darf ohne Beteiligung des Parlaments umgesiedelt werden. Echter Schutz sieht anders aus! Denn weder Angaben zur Größe noch zur Lage eines solchen Ausweichstandorts werden definiert. Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass kein adäquater Ersatz in der Nähe geschaffen wird, sondern neue Parzellen irgendwo in der Stadt auf deutlich kleineren Flächen angelegt oder vielleicht sogar geteilte Parzellen benachbarter Vereine angerechnet werden. Hamburg hat es vorgemacht. Diesem Negativbeispiel darf Berlin nicht folgen.
Wir wissen sehr wohl, dass nicht jede Parzelle erhalten bleiben kann. Wir ketten uns nicht an jede Scholle – vor allem nicht, wenn es um einen dringend benötigten Schulbau oder andere sinnvolle Vorhaben für die Stadt geht. Wogegen wir uns aber wehren: Dass bei jeglichem Flächenbedarf immer erst die Kleingärten in den Fokus geraten, so als gäbe es keine anderen bebaubaren Areale in der Stadt. Dem ist mitnichten so.
Neben der Frage nach dem adäquaten Ausgleich ist im Gesetzesentwurf übrigens auch nicht definiert, was genau mit „Wohnbedürfnissen“, „sozialer Infrastruktur“ und „Mobilitätsbedürfnissen der Bevölkerung“ gemeint ist. Derart schwammige Formulierungen öffnen nahezu jeder Begehrlichkeit Tür und Tor. Es braucht nachvollziehbare Kriterien, die die Aufgabe einer Kleingartenanlage rechtfertigen.
Kurzum: Der Referentenentwurf stellt keinen wesentlich verbesserten Schutz der Berliner Kleingartenparzellen dar. Die kleinen grünen Oasen geben Zehntausenden Menschen die Möglichkeit, ihren teilweise beengten Wohnverhältnissen nach der Arbeit und an den Wochenenden zu entfliehen. Kleingartenanlagen verbessern das Stadtklima, nehmen Regenwasser auf, bieten kostbaren Lebensraum für Flora und Fauna und fungieren in einigen Stadtteilen auch als Lärmschutz-Pufferzone zwischen Wohn- und Gewerbegebieten.
Also liebe Leute, jetzt heißt es, noch mal Ärmel hochkrempeln, dranbleiben und Nachbesserungen zu Papier bringen – nicht nur für die öffentlichen Kleingärten. Die Bezirke brauchen das Geld und dazu die klare Vorgabe, Parzellen langfristig über die Aufstellung von Bebauungsplänen zu sichern – zuallererst auf privatem Boden.
Ingo Braasch Vizepräsident für Kleingärten