
Grüne Oasen mit festen Regeln
Teil 3 der Artikelserie zum neuen Praktiker-Kommentar
Auf einer Parzelle kann man bekanntlich nicht schalten und walten, wie man will. Doch was bedeutet kleingärtnerische Nutzung tatsächlich in der Praxis, welche neuen Fragestellungen ergeben sich nach Erscheinen der 13. Auflage des Praktiker-Kommentars zum Bundeskleingartengesetz und welche Vorschriften erscheinen nicht mehr ganz zeitgemäß?
Ein Kleingarten ist ein Garten, der:
- dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und
- in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefasst sind (Kleingartenanlage).
- 1 Absatz 1 Bundeskleingartengesetz (BKleingG)
Durch die Formulierung „insbesondere“ wird der Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf als Wesensmerkmal des Kleingartens definiert. Gartenbauerzeugnisse sind alle ein- und mehrjährigen Gartenbauprodukte. Dazu zählen Obst und Gemüse (Obstbäume, Beerensträucher, Gemüse, Garten- und Küchenkräuter, Ziergehölze, Stauden, Blumenzwiebeln und-knollen; Sommerblumen, Kompost). Eine Beschränkung auf den überwiegenden Anbau von einjährigen Produkten kann der Formulierung nicht entnommen werden (Praktiker-Kommentar § 1 RN 6). Die Festlegungen „nicht erwerbsmäßig“ und „Eigenbedarf“ setzen auch die Vernunftgrenzen bei der Auswahl der in Betracht kommenden Pflanzen. Eine gute Durchmischung mehrerer Kulturen ist dabei zu favorisieren, Allein- und Dauerkulturen sind auszuschließen. Von Seiten des Gesetzgebers sind Einschränkungen bezüglich der Auswahl grundsätzlich aber nicht erkennbar.
Allerdings sollten Alleingänge durch Einbringung völlig untypischen Pflanzen vermieden werden. Dies gilt auch für Gewächse, die hinsichtlich ihrer zu erwartenden Ausbreitung oder Verwendung Bedenklichkeiten hervorrufen. Auch Cannabis darf im Kleingarten nicht wachsen. Denn der Anbau ist laut Gesetz nur am Wohnsitz erlaubt.
Bestimmend für die Auswahl der Pflanzen ist vor allem das angestrebte Gesamtbild der Kleingartenanlage. Wer hier unsicher ist, sollte sich beim Vorstand oder bei Gartenfachberatern Rat einholen. Gärtnerische Nutzung erfordert außerdem das Beseitigen von verwelkten Pflanzen sowie von Fallobst und Beiwuchs, den Schnitt von Obst- und Ziergehölzen, einen maßvollen Rasenschnitt und das Entfernen von Unkraut.
Sicher ist fast jede geerntete Pflanze und Frucht geeignet, entsprechende Lebensmittel aus dem Supermarkt, zumindest ideell, zu überbieten. Andererseits darf infragegestellt werden, ob die alleinige Ausrichtung auf die vorwiegende Erzeugung von Nahrungsmitteln für den Eigenbedarf als alleiniges Wesensmerkmal der kleingärtnerischen Nutzung aus heutiger Sicht noch Berechtigung besitzt.
Blühstreifen und Permakultur
Aktuelle Überlegungen priorisieren mehr als bisher die ökologische Komponente des Gärtnerns. Wenn in der Landwirtschaft die Anlage von Blühstreifen an den Feldern als eine Komponente ökologischen Wirtschaftens gilt, warum sollte diese Artenvielfalt bei Insekten fördernde Idee im Kleingarten keine Berechtigung haben? Mit Sicherheit hätte dies auch positive Wirkungen auf die Imkerei. Profitieren würde zudem auch die heimische Vogelwelt durch Verbesserung des Nahrungsangebotes.
Zunehmend wird darüber hinaus die Idee des Permagartens publiziert. Das Prinzip ist dabei, durch einen in sich geschlossenen Regenerationsprozess von Pflanzen und Boden weitgehend auf den Einsatz neuer Pflanzen und Düngemittel zu verzichten und andererseits, faktisch im Selbstlauf, die oben bereits beschriebenen positiven Wirkungen auf die Umwelt zu erzielen. Viele Kleingärtnerorganisationen bieten bereits entsprechende Schulungen an.
Schnittblumen in neuem Licht
Als Bestandteil der kleingärtnerischen Nutzung sind (Schnitt-) Blumen nicht gern gesehen und zum Teil sogar verboten. Wenn sich der Kleingärtner diese zur eigenen Erbauung in die Wohnung stellt und dazu beiträgt, dass Einfliegen solcher Produkte aus anderen Ländern oder sogar aus Übersee zu reduzieren, ist damit ein nachweisbarer Nutzen für die Umwelt verbunden. Eine Neubewertung der bisher geübten Praxis wäre zumindest einer Überlegung wert.
Nadelbäume kein No-Go mehr
Stellten Wald- und Nadelbäume in Kleingartenparzellen vormals ein absolutes No-Go dar, so hat sich diese Sichtweise geändert. Zwar sind diese Bäume auch weiterhin nicht Bestandteil der kleingärtnerischen Nutzung, „können aber im Einzelfall der Erholungsnutzung zugeordnet werden. Sie sind deshalb nicht generell mit der kleingärtnerischen Nutzung unvereinbar, sondern nur, wenn sie die für die ordnungsgemäße kleingärtnerische Nutzung erforderliche Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen behindern oder verhindern“ (Kommentar, § 1 RN 7). Mit dieser geänderten Betrachtungsweise wird (erstmals) die Rolle dieser Bäume, die sie für die Belange des Umwelt- und Naturschutzes und der Landschaftspflege spielen, priorisiert und damit einer zeitgemäßen Würdigung unterzogen. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass durch die sehr allgemeine und weit auslegbare Regelung subjektives und willkürliches Vorgehen begünstigt wird.
Der VDGN verweist bei entsprechenden Fragen seiner Mitglieder auf die Notwendigkeit der Abstimmung des Pächters mit der zuständigen Kleingärtnerorganisation und der örtlich zuständigen Behörde mit dem Ziel der genauen Klärung, ob diese Regelung der „Erholungsnutzung“ für ihn zutrifft oder ob, auf wessen Kosten und wessen Erlaubnis die Entfernung der Bäume von seiner Parzelle zu vollziehen ist.
Wie viel muss angebaut werden?
Immer wieder stellen unsere Mitglieder die Frage nach der für eine ausreichende kleingärtnerische Nutzung notwendigen Anbaufläche für Obst- und Gemüsepflanzen. Im Gegensatz zu oft verbreiteten Behauptungen ist die Größe des dafür zu nutzenden Teils der Parzelle gesetzlich nicht festgelegt. Der Anbau von Obst und Gemüse und anderen Früchten muss die Nutzung der Einzelparzelle maßgeblich prägen. Wenn durch den Verpächter in den Pachtverträgen oder die Kleingärtnerorganisation in den Gartenordnungen keine anderen Festlegungen getroffen sind, hat sich als Richtwert die Nutzung mindestens eines Drittels der Parzelle für den Anbau von Gartenerzeugnissen für den Eigenbedarf als gemeingültige Größe durchgesetzt. Ein weiteres Drittel wird für die Zierbepflanzung und den Rasenbereich und die Restfläche schließlich für die sonstige Nutzung, u.a. als Grundfläche für die Laube bzw. anderen zulässigen baulichen Anlagen und Wege innerhalb der Parzelle verwendet.
An anderen Rechtsauffassungen, die eine Forderung des Anbaus über 50 Prozent beinhalten oder auf die Bemessung der notwendigen Anbaufläche anhand der Gesamtgröße der Kleingartenanlage abstellen, wurden mit Erscheinen des Praktiker-Kommentars nicht weiter festgehalten.
400-qm-Grenze ist dehnbar
Gegenstand durchgeführter Beratungen war auch die Frage, wie es sich hinsichtlich der Bemessung der Anbaufläche bei den Parzellen verhält, bei denen die laut Bundeskleingartengesetz § 4 (1) empfohlene Parzellengröße von 400 m² überschritten werde. Dazu heißt es, dies sei eine Sollgrenze. Abweichungen von dieser Regel seinen beim Vorliegen wichtiger Gründe möglich. Eine adäquate Vergrößerung der zu nutzenden Anbaufläche wird durch in der Zweckbestimmung eines Kleingartens liegende Gründe begrenzt. Vor Verpachtung einer von der Regelgröße abweichenden Parzelle sollten zwischen Pächter und Verpächter klare Regelungen vertraglich erstellt werden. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob durch eine Teilung übergroßer Parzellen nicht eine Voraussetzung für die optimale Nutzung im Sinne des Bundeskleingartengesetzes geschaffen werden könne.
Gerd Windisch
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