
Förderung kein Freibrief für Balkonkraftwerke
Balkonkraftwerke boomen und werden immer preiswerter. Kein Wunder, dass auch immer mehr Kleingärtner Solarpanele aufstellen wollen. Bevor sie das tun, bedarf es in der Regel aber der Genehmigung vom zuständigen Kleingartenverein oder -verband. Dort wird entschieden, ob und in welchem Umfang Solaranlagen installiert werden dürfen. In Lutherstadt Wittenberg untersagte ein Kleingartenverein Balkonkraftwerke mit Verweis auf die Vereinsautonomie und forderte deren Rückbau. Der Fall landete vor Gericht (wir berichteten).
Im Bundeskleingartengesetz (BKleingG) ist die Nutzung von Solaranlagen bisher nicht klar geregelt. Somit ist die Installation einer Photovoltaikanlage weder verboten, noch erlaubt. Der Bundesrat hatte 2023 ein Gesetz zur Änderung des BKleingG vorgelegt, um Rechtssicherheit für die Nutzung von Solarenergie in Kleingärten zu schaffen. Dies lehnte die Bundesregierung jedoch mit der Begründung ab, dass die Verwendung von Arbeitsstrom zur Bewirtschaftung des Kleingartens zulässig sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Strom leitungs- oder nichtleitungsgebunden geliefert wird. Welche Form der Stromzuführung gewählt werde, falle in die Zuständigkeit der Länder und Gemeinden.
Der Kleingartenverein in Lutherstadt Wittenberg hat mit Verweis auf die Vereinssatzung Pächtern untersagt, Balkonkraftwerke im Kleingarten zu nutzen und forderte deren Rückbau. Das Landgericht Dessau-Roßlau urteilte, das öffentliche Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energien habe mehr Gewicht als die Vereinssatzung. „Vereine dürfen den Betrieb von Balkonkraftwerken nicht ohne triftige Gründe verbieten. Das öffentliche Interesse an der Nutzung Erneuerbarer Energien wiegt schwerer als starre Vereinssatzungen“, hieß es in der Urteilsbegründung.
Dem jüngsten Gerichtsurteil zum Trotz etwa rät der Berliner Landesverband der Gartenfreunde seinen Bezirksverbänden, den Gartenpächtern keine ans Netz gestöpselten Solaranlagen zu genehmigen – mit der Begründung, dass durch die „Umbauten“ der Bestandsschutz der vielen vor 1983 errichteten Kleingärten in Gefahr geraten könne. Dabei fördert die Investitionsbank Berlin (IBB) im Auftrag der Wirtschaftsverwaltung über das Programm „SolarPLUS“ den Kauf von Steckersolaranlagen für Mieter, Hausbesitzer und Kleingärtner mit 250 Euro.
Als Kompromiss wird eine Insellösung für die Laubenkolonie angepriesen: Das heißt, die Solaranlage wird nur zum Eigenbedarf ohne Verbindung zum öffentlichen Stromnetz betrieben. Was praktisch bedeutet, dass man sich zusätzlich einen einige hundert Euro teuren Stromspeicher anschaffen muss, damit Rasenmäher und Häksler auch anspringen, wenn gerade mal keine Sonne scheint. Sachsens Kleingärtnerverband hingegen arbeitet jetzt mit Energieexperten und Juristen an einer neuen Bauordnung mit möglichst vielen Lösungen statt Verboten. Das berichtet der Mitteldeutsche Rundfunk. Im November soll sie fertig sein. Für Balkonkraftwerk-Fans gibt man aber zu bedenken, dass Kleingärtner im Jahresschnitt nur 30 Euro Stromkosten haben. Es brauche also Geduld, bis sich die Investition in Sonnenstrom rechne.