
Kann ich einen Kleingarten erben?
Einer besonderen Überlegung bedürfende Fragen ergeben sich, wenn ein Kleingärtner verstirbt und einen Kleingarten mit einer Vielzahl von Pflanzen und einer Laube hinterlässt. Auch in den Beratungen des VDGN für seine Mitglieder hat sich aktuell dieser besondere Fall als ein Schwerpunkt herauskristallisiert.
In einer derartigen Situation ergeben sich neben der Trauerarbeit viele andere organisatorische und persönliche Dinge, die zu berücksichtigen sind. In deren Ergebnis wird sicher die weitere Verwertung eines Kleingartens sehr unterschiedlich beurteilt. Trotzdem sollte diese Entscheidung auf gar keinen Fall wegen Bedeutungslosigkeit „ad acta“ gelegt werden. Leider wird oftmals die Komplexität damit verknüpfter Folgen unterschätzt. Bereits an anderer Stelle haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass vor allem eine Fehleinschätzung daraus möglicherweise resultierender finanzieller Belastungen schnell zu Verbindlichkeiten führen kann, die durchaus im vier- bis fünfstelligen Bereich liegen können.
Aber der Reihe nach!
Aus rechtlicher Sicht bilden Grund und Boden der gepachteten Parzelle und die Baulichkeiten sowie Anpflanzungen im Kleingarten keine Einheit. Lauben in Kleingärten sind auf fremden Grund und Boden errichtete Anlagen. Sie werden nicht Bestandteil des Grundstücks, da sie nur zu einem vorübergehenden Zweck (der kleingärtnerischen Nutzung) mit dem Grund und Boden verbunden sind. Sie sind gemäß § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sogenannte Scheinbestandteile und sind Eigentum des Kleingärtners. Dies betrifft auch die eingebrachten Anpflanzungen.
Überschaubar ist die Situation, wenn Eheleute oder Lebenspartner gemeinsame Pächter eines Kleingartens waren (beide stehen im Pachtvertrag). Stirbt ein Pächter, legt § 12 (2) des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG) fest, dass dieser Pachtvertrag mit dem überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner fortzusetzen ist. Soll der Pachtvertrag nicht fortgesetzt werden, so hat dies der überlebende Ehe- oder Lebenspartner binnen eines Monats nach dem Todesfall gegenüber dem Verpächter zu erklären.
In allen anderen Fällen gilt beim Tod des Pächters § 12 (1) BKleingG, wonach der Pachtvertrag mit Ablauf des Kalendermonats endet, der auf den Tod des Kleingärtners folgt. Eine „Fortsetzung“ des Pachtvertrages über den genannten Zeitraum hinaus wird damit ausgeschlossen um dem Verpächter / Bodeneigentümer das alleinige Recht zur Neuvergabe der Parzelle zu sichern.
Weil der Pächter eines Kleingartens nicht Eigentümer des Grund und Bodens ist, kann er diesen auch nicht vererben. Die eingangs gestellte Frage nach dieser Möglichkeit muss also mit einem klaren NEIN beantwortet werden.
Obwohl kein Anspruch auf Weitergabe der Parzelle an eine „Wunschperson“ besteht, ist die Neuverpachtung eines Kleingartens an Verwandte oder eine andere Person bei der Beachtung einiger grundsätzlicher Regeln jedoch nicht völlig ausgeschlossen.
Auch wenn die Nachfrage für Kleingärten zeitabhängig und regional unterschiedlich stark ausgeprägt ist, behalten sich die Verpächter (in der Regel Kleingartenverbände oder –vereine) das Recht vor, über die Vergabe der Gärten in eigener Regie zu bestimmen. Schließlich liegt hier auch ein Hauptteil der Verantwortung dafür, dass eine vertragsgerechte kleingärtnerische Nutzung nach BKleingG erfolgt.
Eine Vergabe (Weitergabe) des Gartens an Verwandte oder Freunde kann deshalb in aller Regel nur auf einvernehmlicher Grundlage erfolgen, wobei sich eben auch der Verpächter seine Rechte sichern wird. Der Frage, ob die betreffende Person bereit und in der Lage ist, einen Kleingarten ordnungsgemäß zu bewirtschaften, kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.
Bestehen derartige Absichten, ist es empfehlenswert, entsprechende Vereinbarungen bereits zu Lebzeiten des Pächters mit allen beteiligten Personen und Vereinigungen zu treffen und auch schriftlich niederzulegen. An einer solchen Vereinbarung sollten neben dem neuen Pächter natürlich auch der Verpächter / Eigentümer des Grund und Bodens und der zuständige Kleingartenverein beteiligt werden.
Wie bereits ausgeführt, wird ein Erbe nur Eigentümer der Scheinbestandteile des Kleingartens, denn Pflanzen und Baulichkeiten werden rechtlich wie eine bewegliche Sache behandelt. In der Regel ergeben sich folgende Möglichkeiten
Abschluss eines neuen Pachtvertrages auf der Grundlage des Bundeskleingartengesetzes bei Vorliegen der Voraussetzungen durch den Erben
Veräußerung des Eigentums an eine dritte Person Das ist in aller Regel der neue Pächter. Dieser erhält mit dem Pachtvertrag auch ein Recht zur Nutzung des Bodens, auf dem sich Anpflanzungen und Laube befinden
Abriss und Wegnahme der Scheinbestandteile.
Erben sollten den Fristsetzungen entsprechend § 12 BKleingG eine besondere Bedeutung beimessen. Vor allem dann, wenn aus materiellen Gründen eine Ausschlagung des Erbes sinnvoll erscheint, kann dadurch die weitere Verantwortung für die betreffende Parzelle ohne Wenn und Aber ausgeschlossen werden.
In diesem Fall ist auch ausgeschlossen, dass sich der Verpächter auf eine stillschweigende Fortsetzung der Nutzung berufen und ein entsprechendes Nutzungsentgelt verlangen kann.
Vor einer Entscheidung sollte zeitnah Klarheit über alle damit verbundenen persönlichen, vor allem finanziellen, Belastungen erzielt werden. Problematisch wird es auch immer dann, wenn die geerbte Parzelle nicht den Forderungen des Bundeskleingartengesetzes entspricht und der Verpächter entsprechende Auflagen zur Herstellung der Kleingärtnerischen Nutzung erteilt hat.
Solche Auflagen wie bspw.:
Rückbau der Laube auf die lt. BKleingG zulässige Größe von 24 m²,
die Wegnahme nicht genehmigter weiterer Bauwerke,
die Rodung und Wegnahme nicht zulässiger Pflanzen und Bäume
können Kosten verursachen, die den aktuellen Wert des Kleingartens weit übersteigen. Einen Richtwert für mögliche Belastungen und Verbindlichkeiten kann das durch Beauftragte des Verpächters erstellte Bewertungsprotokoll darstellen. Wichtig ist die umgehende Prüfung darin enthaltener Angaben auf sachliche und inhaltliche Richtigkeit. Im Falle fehlender Plausibilität sollte Widerspruch eingelegt werden. Enthält das Protokoll keine diesbezügliche Fristenregelung, sollte dies spätestens 4 Wochen nach Zugang per Einschreiben / Einwurf erfolgen.
Im Übrigen sind die im Übergabeprotokoll genannten möglichen Verkaufserlöse und Kosten für erteilte Auflagen nicht verbindlich. Es steht dem Besitzer der Baulichkeiten und Anpflanzungen frei, im Rahmen des Üblichen die Preise für den Verkauf seines Eigentums festzulegen und durch eigene Aktivitäten entstehende Verbindlichkeiten für die Herstellung der kleingärtnerischen Nutzung zu optimieren.
Bei Abriss- und Rückbauforderungen sollte unbedingt eine Prüfung erfolgen, ob diese berechtigt sind. Oftmals wird seitens der Verpächter versucht, diese Kosten auch dann dem Pächter anzulasten, wenn hier zumindest Zweifel an diesem Vorgehen angebracht sind.
Dies ist vor allem dann der Fall,
Wenn gegen den Pächter aufgrund seines Pachtvertrages solche Forderungen nicht durchsetzbar sind
Für die Gebäude ein Bestandsschutz besteht
Durch Fristablauf das Abrissverlangen verjährt ist.
Bei einer Veräußerung des Eigentums sollte man den Käufer schon im eigenen Interesse über alle Gegebenheiten, die mit dem Neuerwerb auf ihn zukommen, informieren. Auch für die eigene Absicherung ist hier der Schriftform der Vorzug gegenüber mündlichen Absprachen zu geben.
Bleibt nur die Wegnahme des Eigentums von der Parzelle und die Herausgabe im beräumten Zustand sollte man bis zur Entscheidung und Erledigung nicht zu viel Zeit verstreichen lassen. Auch wenn kein neuer Pachtvertrag abgeschlossen wird, kann der Verpächter für die verstreichende Zeit ein Nutzungsentgelt -In der Regel in Höhe des zu zahlenden Pachtzinses – verlangen. Strapaziert man dessen Geduld über Gebühr, droht die gerichtliche Durchsetzung der Räumung und Herausgabe, verbunden mit viel Ärger und Mehrkosten.
Wie bereits erwähnt, ist in allen Fällen ein einvernehmliches und abgestimmtes Vorgehen seitens des Pächters und des Verpächters zu empfehlen. Durch entsprechende Vereinbarungen kann man Hektik und Stress vermeiden und unter Umständen auch einen Aufschub der Umsetzung bestimmter Auflagen erreichen.
Ist die Rechtslage unübersichtlich, bestehen Zweifel oder Unklarheiten, empfehlen wir unseren Mitgliedern in allen Fällen rechtzeitig unsere Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Es ist empfehlenswert, dies unmittelbar nach Bekanntwerden der Probleme zu tun. Bitte setzen Sie sich in solchen Fällen zeitnah mit unserem Beratungszentrum für die Vermittlung eines telefonischen oder auch persönlichen Beratungstermins in Verbindung.
Gerd Windisch
(erschienen im Journal des VDGN 03/04 2023)