
Photovoltaik im Kleingarten fördern
Das Bundeskleingartengesetz sollte im Hinblick auf Ökologie und Technik aktualisiert werden.
Ihrer Bestimmung nach sollten Kleingärten und Kleingartenanlagen zu den Orten gehören, in denen die Belange des Umwelt- und Naturschutzes in besonderer Weise Beachtung finden. Solche Verhaltensweisen wie
- das Sparen von Wasser und das Sammeln und Nutzen von Regenwasser
- die Kompostierung von Gartenabfällen
- der Verzicht auf umweltbelastende und – schädigende Substanzen
- die Förderung von Nützlingen
sind eigentlich Selbstverständlichkeiten, wenn man sich den Forderungen des nachhaltigen Gärtnerns stellen will.
Für die Bewirtschaftung eines Kleingartens, für die Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen, nutzen wir zu einem großen Teil die Ressourcen der Natur – Wind, Regen und Sonne. Belange des Umweltschutzes stellt nicht nur die Politik in der Bundesrepublik vor die Aufgabe, die Kräfte des Windes und der Sonne auch für die Erzeugung elektrischer Energie zu nutzen und zunehmend auf fossile Energieträger zu verzichten. Klare Ansagen in dieser Richtung enthält das Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien, dessen neu hinzugekommener Paragraf 2 die besondere Bedeutung erneuerbarer Energien würdigt und festlegt: „Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen …. liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Erzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausneutral ist, sollen die erneuerbare Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.“
Daher erscheint es unlogisch, dass insbesondere in Kleingärten, deren pflanzliche Erträge zu einem hohen Maß der Kraft der Sonne zu verdanken sind, einer Nutzung derselben zur Gewinnung von Elektroenergie kaum Beachtung findet. Als wesentliches Argument gegen eine umfassende Beschäftigung mit dem Thema gelten Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes. Die Aussagen bezüglich aktueller existenter Möglichkeiten für den Einsatz von Photovoltaik in Kleingärten gehen hier vom klaren Verbot unter Verweis auf den § 3 Zi (2) Bundeskleingartengesetz (Laube in einfacher Ausführung) bis an einen Punkt, an dem man von einer „Duldung“ derartiger Anlagen spricht. Die Frage lautet, ob eine solche Haltung noch zeitgemäß und damit umweltpolitisch vertretbar ist.
Aktueller Status quo
Tatsache ist, dass eine Vielzahl von Gartenanlagen und Parzellen mit Elektroenergie versorgt werden, unter anderem für die Nutzung als Arbeitsstrom zum Betrieb von Gartengeräten. Die Frage muss erlaubt sein: Ist es sinnvoll und nachhaltig, unter Verweis auf das Bundeskleingartengesetz eine klare Entscheidung über den Einsatz von Photovoltaik in Kleingärten und Kleingartenanlagen weiter zu verzögern? Die Position des VDGN hierzu ist glasklar. Aus unserer Sicht ist die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt auch über das Jahr 2050 hinaus den im Bundeskleingartengesetz festgeschriebenen Regelungen – diese stammen zum Großteil noch vom Anfang des 20. Jahrhunderts – klar überzuordnen.
Welche Gründe sprechen neben dem Nutzen für die Umwelt noch für klare Regelungen auf diesem Gebiet?
Anschaffung und Betrieb einer solchen Anlage stellen wegen ihrer technischen Komplexität, der zu beachtenden Sicherheitsbestimmungen aber auch der Einhaltung steuerrechtlicher Bestimmungen an einen Laien hohe Anforderungen. Eine sinnvolle Umsetzung der für kleingärtnerische Vereine zwingend vorgeschriebene Gemeinnützigkeit wäre auch darin zu sehen, dass nicht jeder Einzelne „das Fahrrad neu erfinden muss“, sondern hier auf entsprechende Ratschläge und Empfehlungen der Gemeinschaft zurückgreifen kann. Gerade was die Auswahl der passenden Anlage, die Beachtung der für Errichtung und Betrieb geltenden Bestimmungen und auch eine mögliche Einbindung in ein vorhandenes Stromnetz anbetrifft, kann im Ergebnis allgemeiner, auf eine spezielle Verwendung in Kleingärten zugeschnittener Empfehlungen und Vorgaben Zeit und Geld gespart werden. Nicht zu unterschätzen ist ebenfalls, dass „Bastellösungen“, die neben mangelnder Effizienz auch ein hohes Sicherheitsrisiko darstellen können, vermieden werden.
Insellösungen im Abseits
Im Hinblick auf die Amortisation der in eine PV-Anlage getätigten Investitionen sollten Gemeinschaftsanlagen gegenüber sogenannten „Insellösungen“ präferiert werden. Die damit erzielbaren höheren Leistungen haben den Vorteil, dass die Energieausbeute für den Betrieb von Gartengeräten, also als Arbeitsstrom genutzt werden kann. Hier werden Speicherkapazitäten notwendig, die einerseits die erzeugte Energie aufnehmen können, wenn keine Verbraucher angeschlossen sind, andererseits aber auch den Betrieb sicherstellen, wenn mal keine Sonne scheint – zumindest für einen gewissen Zeitraum.
Laut einer Studie des Mitteldeutschen Rundfunks gibt es in Deutschland über 900.000 Kleingärten, die insgesamt eine Fläche von etwa 40.000 Hektar einnehmen. Sicher ist es weder möglich noch realistisch, in jedem Kleingarten eine Photovoltaik-Anlage zu installieren. Neben den finanziellen Voraussetzungen spielen auch die Besitzverhältnisse an Grund und Boden eine entscheidende Rolle. Geht man aber nur davon aus, dass in einem Viertel der Gärten eine Anlage mit einer Leistung von 500 Watt installiert würde, käme eine mögliche Leistung von fast 112, 5 MW zustande. Dies entspricht der Generatorleistung eines Kohlekraftwerkblocks, die im öffentlichen Netz eingespart werden kann.
Ökologisch sinnvolle Einspeisung erlauben
Bisher wurden bei der Suche nach geeigneten Flächen für die Errichtung von Photovoltaik Anlagen die Kleingartenvereine weitgehend „außen vor gelassen“. Ein gewichtiger Hinderungsgrund sind dabei auch die im Bundeskleingartengesetz § 2 Nr. 1. bis 3. festgelegten materiellen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit, welche nicht mit einer Mehrung des eigenen Vermögens oder eigner Einnahmen einhergehen darf. Auf der Grundlage der aktuellen Vorschriften ist damit die Verwendung erzeugter Überkapazitäten für eine ökologisch sinnvolle Einspeisung ins öffentliche Netz ausgeschlossen. Auch hier erscheint eine Prüfung sinnvoll, ob dies noch zeitgemäß ist – oder ob mittels speziell auf Kleingartenanlagen abgestimmter Regelungen eine Gefährdung der vorgeschriebenen Gemeinnützigkeit vermieden werden kann.
Immer mehr Menschen erkennen, dass die bisherigen Anstrengungen zur Etablierung erneuerbarer Energien nicht ausreichen. Bei verantwortungsvoller Prüfung aller Möglichkeiten sollte darum auch Photovoltaik im Kleingarten kein Tabuthema sein.
Gerd Windisch
Beitrag aus dem VDGN-Journal „Das Grundstück“ 07/08 2023