
Plädoyer für ein zeitgemäßes Kleingartenwesen
Mit gegenseitigem Verständnis und Regelungen mit Augenmaß in die Zukunft
Die ersten drei Paragrafen des Bundeskleingartengesetzes geben die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung eines Kleingartens vor. Neben der klaren Definition des Begriffs „Kleingarten“ und dessen zulässiger Ausstattung unterstreicht der Gesetzgeber die Rolle und Verantwortung der Kleingärtnerorganisationen. Nur durch Erfüllen der mit der „kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit“ verbundenen Aufgaben- und Zielstellungen durch die Kleingärtnerverbände, -vereine und deren Mitglieder kann die kleingärtnerische Nutzung in ihrer Komplexität in der Praxis umgesetzt werden.
Der „Förderung der Kleingärtnerei“ nach §52 (2) Zi. 23 ist im Sinne der Abgabenordnung ein gemeinnütziger Zweck zuzuerkennen. Dies beinhaltet u. a.:
- Die selbstlose An- und Weiterverpachtung von Kleingartenland
- Die Beratung und Betreuung der Mitglieder in Fragen der Gartenbewirtschaftung
- Die selbstlose An- und Weiterverpachtung von Kleingartenland
- Die Beratung und Betreuung der Mitglieder in Fragen der Gartenbewirtschaftung
- Die Unterstützung und Hilfeleistung bei der Verwaltung von Kleingartenanlagen
- Wahrnehmung ähnlicher Aufgaben, etwa im Bereich der Sicherstellung der kleingärtnerischen Nutzung, der Einhaltung der Gartenordnung u. v. a. m.
Dies unterstreichend, ist dieser wichtige Gedanke in der Satzung jeder Kleingärtnerorganisation an zentraler Stelle im § 1 niedergeschrieben. Auch ist dies der Grund, dass nach § 4 (2) des Bundeskleingartengesetzes Zwischenpachtverträge nur mit kleingärtnerisch gemeinnützigen Organisationen abgeschlossen werden dürfen.
Jede Kleingärtnerorganisation leistet mit der praktischen Umsetzung der Forderungen der Gemeinnützigkeit in ihrer Geschäftstätigkeit einen wertvollen Beitrag zum Bestand der Kleingärtnerei. Dies soll unter anderem auch durch eine regelmäßige Prüfung der Geschäftsführung durch die jeweils dazu bestimmten Behörden gewährleistet werden.
Im Sinne der §§ 21 ff. BGB handelt es sich bei Vereinen um auf die Verwirklichung eines gemeinsamen Zieles ausgerichtete dauerhafte Zusammenschlüsse. Dies impliziert selbstverständlich auch, gemeinsame Verantwortung für auftretende Mängel und Missstände zu übernehmen und in dieser Gemeinschaft Wege zu deren Beseitigung zu finden und zu gehen.
Unsere Beratungen zeigen, dass diese äußerst wichtige Frage des kameradschaftlichen Miteinanders von Vorständen und Mitgliedern/Pächtern im Alltag die entscheidende Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis und Akzeptanz darstellt. Fehlende sachliche Kommunikation auf Augenhöhe zwischen allen Vereinsgremien und deren Mitgliedern führt schnell zu ernsthaften Streitigkeiten und sogar zu gerichtlichen Auseinandersetzungen.
In etlichen Fällen haben Verantwortliche zunächst Zustände hingenommen, die eigentlich dem Bundeskleingartengesetz widersprechen. Werden dann ohne Augenmaß und Einfühlungsvermögen drastische Schritte zur Wiederherstellung der gesetzlichen Vorgaben gefordert, widerspricht das dem Sozial- und Solidaritätsgedanken des Kleingartenwesens grundlegend. Signifikantes Beispiel sind Pächterwechsel, die sich im Ergebnis der mit unseren Mitgliedern durchgeführten Beratungen als großes Konfliktpotenzial herauskristallisiert haben.
Allseitiger Konsens besteht sicher darin, dass die Beseitigung von „Wildwuchs“ immer dann notwendig ist, wenn unter Missachtung der Bestimmungen und ohne Genehmigung gebaut wurde. Tatsache ist aber auch, dass viele Lauben über 24 m² tatsächlich rechtmäßig errichtet wurden. Als anderes Beispiel seien hier die immer noch existierenden, nach Kriegsende gebauten „Behelfsheime“ genannt. In der DDR waren nach der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke von 1984 in begründeten Fällen Lauben bis zu 40 m² statthaft. Dies sind durchaus keine Einzelfälle.
Sicher mit gutem Grund, hat der Gesetzgeber in den §§ 18 und 20 a BKleingG eine uneingeschränkte Weiternutzung und Bestandsschutz festgeschrieben. Dies wurde auch über einen langen Zeitraum von allen Beteiligten praktiziert und geduldet.
Wenn die aktuelle Rechtsprechung an dieser Regelung vorbeigeht und, so im Pachtvertrag festgehalten, den Rückbau „aller nicht der kleingärtnerischen Nutzung“ dienenden Baulichkeiten fordert, so entsteht die Frage nach der ursprünglichen Sinnhaftigkeit der o.g. Regelung. Adäquat sind jene Fälle, in denen der betreffende Pächter ungenehmigte oder übergroße Baulichkeiten bei Parzellenwechsel übereignet bekam und ihm dieser Mangel am Garten weder vom Verpächter noch vom Verein angezeigt wurde.
Werden dann dem betroffenen Pächter nach dem Motto „den Letzten beißen die Hunde“ noch Rückbaukosten, nicht selten in der Höhe von mehreren 10.000 € übergeholfen, so entspricht das weder dem sozialen Gedanken des Kleingartenwesens noch muss man dies moralisch akzeptieren. Aus rechtlicher Sicht können beim Vorliegen entsprechender Voraussetzungen durchaus der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB oder Nichtbeachtung des vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes entgegengehalten werden.
Welchen Sinn ergibt es, Pachtobergrenzen entsprechend § 5 (1) BKleingG mit dem Ziel festzulegen, auch sozial oder/und finanziell Benachteiligten den Zugang zu einem Garten zu verschaffen, wenn sie andererseits später durch Rückbauforderungen vielleicht in die Privatinsolvenz getrieben werden. Für die Zukunft des Kleigartenwesens wird auch entscheidend sein, ob und wie es gelingt, dieses Problem anders als durch das Delegieren an das schwächste Glied der Kette zu lösen.
Leider sind auch die Fälle nicht selten, da ein Neupächter nach der Übergabe der Kleingartenparzelle erst nach geraumer Zeit erfährt, was da eigentlich unter dem Begriff „kleingärtnerische Nutzung“ im Pachtvertrag verlangt wird. So wird wertvolles Potenzial verschenkt. Frühzeitige Beratungen bei der Anlage des Gartens und bei der Pflanzenauswahl sind hier genauso eine Hilfe wie regelmäßige Begehungen und Kontrollen durch Vorstandsmitglieder oder Gartenfachberater. Denn gerade sie sind es doch, die dem Neuling mit ihren Erfahrungen, ihrem Wissen, mit Rat und Tat zur Seite stehen sollten. Andererseits bringen diese Gartenfreunde aber auch neue Betrachtungsweisen und Möglichkeiten des Kleingärtnerns ins Spiel. Und konfrontieren die „Altgärtner“ mit neuen, unkonventionellen Ideen, bei denen sich genaueres Hinschauen und Überlegen aber durchaus lohnen kann.
Leider passiert es aber gar nicht so selten, dass längere Untätigkeit des Vorstandes und Duldung nicht vertragsgemäßen Verhaltens ohne weitere Vorwarnung mit Abmahnung oder Androhung der Kündigung sanktioniert werden. In diesem Fall ist der Rechtsstreit schon vorprogrammiert.
Abschließend ist festzustellen, dass kleingärtnerische Nutzung“ als das bestimmende Merkmal eines Kleingartens mehr oder weniger alle Bereiche des Kleingartenwesens durchdringt und miteinander verbindet. Das Bundeskleingartengesetz mit seiner ursprünglich angedachten Schutzfunktion für diesen anerkannt ökologisch und sozial wichtigen Bereich unseres gesellschaftlichen Lebens enthält dazu die grundlegenden gesetzlichen Bestimmungen. Deren Umsetzung erfolgt über eine aktuell kaum überschaubare Zahl rechtlicher Entscheidungen, durch Gartenordnungen und auch im Rahmen notwendiger Prüfungen durch Verpächter und kommunaler Organe verschiedenster Stufen. Wichtigster Faktor dabei sind jedoch die Kleingärtnerorganisationen und deren Mitglieder bzw. die Pächter der Parzellen. Diese bestimmen als wesentliche Kraft den Inhalt und Ausrichtung der Tätigkeit der Vereine und Verbände, nur über sie können als notwendig erachtete Änderungen angestoßen und letztendlich erreicht werden.
Seit seiner Verabschiedung am 01.04.1983 wurde vielmals und in verschiedensten Ebenen und Körperschaften über Änderungen des Bundeskleingartengesetzes diskutiert. Bis in die aktuelle Gegenwart wird von der Politik und großen Kleingärtnerorganisationen dazu die Meinung vertreten, dass dieses Gesetz in seiner bestehenden Form seine Schutzfunktion für das Kleingartenwesen optimal gewährleistet.
Fakt ist aber auch, dass es in den vergangenen 40 Jahren weitgreifende gesellschaftliche, soziale und technische Umbrüche, unter anderem die deutsche Wiedervereinigung, gab, die sich auch auf diesen Schutzgegenstand auswirken. Unserer Meinung nach ist aktuell und perspektivisch der Bestand des Kleingartenwesens nur gesichert, wenn diese veränderten Gegebenheiten praktisch umgesetzt und angepasst werden.
In unserer täglichen Arbeit sind wir bemüht, unseren Mitgliedern zu ihrem Recht zu verhelfen. Dies ist uns, auch in entscheidenden Fragen, bei der sachlichen und konsequenten Umsetzung eigener und neuer Anschauungen gelungen. Unsere Mitglieder bilden dafür in jeder Beziehung eine stabile Basis. Aber leider ist auch so, dass viele Kleingärtner erst ihren Weg zu uns finden, wenn gegensätzliche Auffassungen bereits zum Rechtsstreit eskaliert sind. Zweck dieses Beitrages ist auch, eben jene Gartenfreunde anzusprechen, die zwar ihre Meinung vertreten sehen, sich aber noch nicht für eine Mitgliedschaft entschieden haben.
Stärken Sie mit einer Mitgliedschaft in unserem Verband dessen Positionen, lassen Sie uns in einem unverbindlichen Beratungsgespräch an der Lösung Ihrer Probleme teilhaben und genießen Sie die Vorteile der von uns angebotenen Rechtsschutzversicherung in Grundstücksfragen bei evtl. rechtlichen Auseinandersetzungen.
Gerd Windisch
Inhalt des Beitrages: